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Frau tippt auf Laptop mit Schriftzug Copywriting

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz 2025 – Was Sie jetzt wissen müssen

17.06.2025 |

Stellen Sie sich vor, Sie möchten eine Website oder einen Online-Shop besuchen – doch die Seite lässt sich nur schwer bedienen. Wichtige Informationen sind kaum zu erkennen und Sie finden sich überhaupt nicht zurecht. Klingt wie ein Albtraum? Für viele Menschen ist das Alltag: Denn rund jeder zehnte Mensch in Deutschland hat eine anerkannte Schwerbehinderung. Für Millionen von Menschen sind barrierefreie digitale Angebote also keine Komfortfrage, sondern eine Voraussetzung für eine aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Genau deshalb wird Barrierefreiheit immer wichtiger und jetzt auch gesetzlich verpflichtend: Ab dem 28. Juni 2025 tritt das neue Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Es verpflichtet erstmals bestimmte private Unternehmen dazu, ihre digitalen Produkte und Dienstleistungen barrierefrei zu gestalten – darunter auch Websites, Online-Shops und Online-Terminbuchungssysteme.

In diesem Artikel klären wir, was hinter dem neuen Barrierefreiheitsstärkungsgesetz steckt, wer betroffen ist und was Sie als Unternehmen jetzt wissen müssen.

 

  1. Warum Barrierefreiheit jetzt wichtiger ist denn je
  2. Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?
  3. Wann tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft?
  4. Wer ist vom Barrierefreiheitsstärkungsgesetz betroffen?
  5. Für wen gilt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz nicht?
  6. Welche Auswirkungen hat das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz auf Websites?
  7. Fazit

 

Warum Barrierefreiheit jetzt wichtiger ist denn je

Digitale Angebote gehören längst zum Alltag – sei es beim Einkaufen, bei der Terminvereinbarung oder bei der Informationssuche. Für viele Menschen mit Behinderung sind Websites und digitale Services jedoch immer noch mit großen Hürden verbunden. Mal fehlt die Möglichkeit zur Tastaturbedienung, mal sind Inhalte schwer lesbar oder die Navigation ist unlogisch und zu umständlich aufgebaut. Was für die meisten selbstverständlich ist, bleibt damit vielen anderen Menschen verwehrt.

Hinzu kommt: Deutschland wird immer älter. Mit dem demografischen Wandel steigt die Zahl der Menschen mit altersbedingten Einschränkungen – etwa beim Sehen, Hören oder bei der Feinmotorik. Auch sie profitieren von barrierefreien digitalen Lösungen. Barrierefreiheit betrifft also nicht nur eine kleine Gruppe von Menschen, sondern ist ein gesamtgesellschaftliches Thema.

Trotzdem zeigt sich in der Praxis eine deutliche Lücke bei der Umsetzung: Laut einer aktuellen Studie von Aktion Mensch und Google erfüllen nur 20 % der getesteten Online-Shops die Anforderungen an Barrierefreiheit. Die häufigsten Hürden sind dabei fehlende Tastaturbedienbarkeit, unzureichende Kontraste, kein sichtbarer Tastaturfokus und eine falsche oder unlogische Tab-Reihenfolge – allesamt zentrale Faktoren für die digitale Zugänglichkeit. Doch dieser Mangel beschränkt sich nicht nur auf Online-Shops: Fehlende Barrierefreiheit ist ein strukturelles Problem und auf vielen Websites leider immer noch eher die Regel als die Ausnahme.

Barrierefreiheit ist deshalb längst kein Nice-to-have mehr, sondern eine Voraussetzung für digitale Teilhabe. Und genau deshalb schafft der Gesetzgeber jetzt klare Regelungen: Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ist Barrierefreiheit nicht länger nur eine unverbindliche Empfehlung, sondern wird für viele Unternehmen zur gesetzlichen Pflicht.

 

Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ist ein deutsches Gesetz, das die digitale Barrierefreiheit für private Wirtschaftsunternehmen erstmals verbindlich regelt. Es setzt die EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit (European Accessibility Act) in nationales Recht um und soll sicherstellen, dass bestimmte digitale Produkte und Dienstleistungen künftig für alle Menschen zugänglich sind – unabhängig von körperlichen oder geistigen Einschränkungen. Dadurch sollen EU-weit endlich klare und einheitliche Standards geschaffen werden, die die Rechte von Menschen mit Behinderung stärken und den Binnenmarkt fördern.

Das BFSG richtet sich dabei gezielt an den privaten Sektor. Denn während öffentliche Einrichtungen wie Behörden und Ministerien bereits seit Jahren zur digitalen Barrierefreiheit verpflichtet sind, gab es für Unternehmen bislang keine einheitliche gesetzliche Grundlage. Das ändert sich nun: Mit dem Gesetz werden erstmals verbindliche Anforderungen an digitale Angebote von Unternehmen festgelegt. Ob ein Unternehmen tatsächlich vom Barrierefreiheitsstärkungsgesetz betroffen ist, hängt von bestimmten Kriterien ab – welche das sind, verraten wir Ihnen gleich.

Ziel ist es, eine gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen im digitalen Raum zu ermöglichen und bestehende Barrieren konsequent abzubauen. Dafür gelten klare Vorgaben zur Bedienbarkeit, Verständlichkeit, Wahrnehmbarkeit und Robustheit digitaler Angebote – beispielsweise im Hinblick auf Kontraste, die Navigationslogik oder die Kompatibilität mit technischen Hilfsmitteln wie Screenreadern.

Das Gesetz orientiert sich an den etablierten Vorgaben der WCAG 2.1 auf Level AA – einem international anerkannten Standard für barrierefreie Websites. Somit haben Unternehmen konkrete Richtlinien und Anforderungen, die sie einhalten müssen.

 

Wann tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz tritt am 28. Juni 2025 in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt gelten die gesetzlichen Anforderungen an Barrierefreiheit verbindlich für alle betroffenen digitalen Produkte und Dienstleistungen. Eine generelle Übergangsfrist ist dabei aber nicht vorgesehen: Unternehmen sind somit verpflichtet, alle betroffenen Produkte und Dienstleistungen, die sie nach dem 28. Juni 2025 auf den Markt bringen, entsprechend barrierefrei zu gestalten.

Im Gesetz sind jedoch zwei klar definierte Übergangsfristen geregelt:

  • Dienstleistungen mit nicht barrierefreien Produkten: Wenn eine Dienstleistung nur mithilfe von Produkten erbracht werden kann, die nicht den Barrierefreiheitsanforderungen entsprechen, gilt eine Übergangsfrist von fünf Jahren – somit bis zum 27. Juni 2030.
  • Selbstbedienungsterminals: Für bestehende Selbstbedienungsterminals (z. B. Geldautomaten), die vor dem 28. Juni 2025 in Betrieb genommen wurden, gilt eine Übergangsfrist bis zum Ende ihrer wirtschaftlichen Nutzungsdauer – maximal jedoch 15 Jahre, also spätestens bis zum 27. Juni 2040.

 

Wer ist vom Barrierefreiheitsstärkungsgesetz betroffen?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz betrifft grundsätzlich alle privaten Unternehmen, die bestimmte digitale Produkte oder Dienstleistungen für Verbraucher (Business-to-Consumer = B2C) bereitstellen. Dazu zählen:

  • Hersteller
  • Importeure
  • Händler
  • Dienstleister

Die Regelungen gelten unabhängig von Branche oder Rechtsform, sofern die betroffenen Produkte und Dienstleistungen unter das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz fallen.

 

Infografik Wer ist vom Barrierefreiheitsstärkungsgesetz betroffen?

 

Zu den betroffenen Produkten gehören unter anderem:

  • Laptops, Tablets, Computer, Mobiltelefone und Smartphones (einschließlich ihrer Betriebssysteme)
  • Selbstbedienungsterminals (z. B. Check-in-Automaten, Geld- und Fahrausweisautomaten)
  • Fernsehgeräte mit Zugang zum Internet
  • E-Book-Reader
  • Router

 

Zu den betroffenen Dienstleistungen zählen unter anderem:

  • Websites und Apps von Telekommunikationsdiensten
  • Websites und Apps für E-Books (einschließlich der zugehörigen Software)
  • Bankdienstleistungen (z. B. Websites und Apps für Online-Banking)
  • Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr: Websites und Apps, über die Verbraucher Produkte kaufen oder Dienstleistungen buchen können (z. B. Online-Shops und Online-Terminbuchungssysteme)
  • Auf Mobilgeräten angebotene digitale Dienste im überregionalen Personenverkehr (z. B. Websites und Apps für den elektronischen Ticketkauf, die Navigation oder Reiseinformationen in Echtzeit)
  • Interaktive Selbstbedienungsterminals für Stadt-, Vorort- und Regionalverkehrsdienste

 

Für wen gilt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz nicht?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz sieht eine Ausnahme für Kleinstunternehmen im Dienstleistungsbereich vor: Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten oder einem Jahresumsatz bzw. einer Jahresbilanzsumme unter zwei Millionen Euro sind von diesem Gesetz ausgenommensofern sie ausschließlich Dienstleistungen anbieten. 

Wichtig: Kleinstunternehmen, die dagegen Produkte herstellen, importieren oder vertreiben, für die das BFSG gilt, müssen die entsprechenden Anforderungen erfüllen.

 

Unternehmen außerhalb des Dienstleistungsbereichs können nur in zwei Ausnahmefällen von der Pflicht zur Barrierefreiheit entbunden werden:

  1. Grundlegende Produktveränderung: Die Umsetzung der Anforderungen würde das Produkt so verändern, dass es seinen vorgesehenen Zweck nicht mehr erfüllen kann.
  2. Unverhältnismäßige Belastung: Die Umsetzung wäre mit nachweislich erheblichen finanziellen oder organisatorischen Belastungen verbunden. Die genauen Kriterien für diese Beurteilung sind in Anlage 4 des BFSG geregelt.

 

Unternehmen, die eine dieser Ausnahmen für sich beanspruchen möchten, sind dazu verpflichtet, die Marktüberwachung unverzüglich darüber zu informieren. Dabei ist eine entsprechende Dokumentation erforderlich, die fünf Jahre lang aufbewahrt werden muss. Diese muss zwar nicht proaktiv eingereicht, aber auf Anfrage vorgelegt werden. Kleinstunternehmen für Dienstleistungen müssen die Dokumentation nur dann erstellen, wenn sie explizit von der Behörde dazu aufgefordert werden.

Auch wenn nicht alle Unternehmen gesetzlich zur Umsetzung verpflichtet sind, lohnt sich ein barrierefreies Design dennoch: Digitale Barrierefreiheit verbessert nämlich nicht nur die Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderung, sondern erhöht auch insgesamt die Benutzerfreundlichkeit für alle Menschen und die Reichweite von digitalen Angeboten.

 

Welche Auswirkungen hat das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz auf Websites?

Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz wird digitale Barrierefreiheit für viele Unternehmen zur Pflicht – das betrifft insbesondere ihre Websites. Ab dem 28. Juni 2025 sind viele Anbieter gesetzlich dazu verpflichtet, ihre Websites so zu gestalten, dass Menschen mit unterschiedlichen Einschränkungen sie problemlos nutzen können. Aber was heißt das konkret?

 

Barrierefreiheit bedeutet:

  • Eine Sehbehinderung darf nicht dazu führen, dass Texte, Buttons oder Formulare für die betroffenen Personen unlesbar oder nicht bedienbar sind.
  • Videos und Audios müssen auch ohne Ton oder Bild für gehörlose, schwerhörige und blinde Menschen verständlich sein – beispielsweise durch Untertitel, Transkripte oder Audiodeskriptionen.
  • Die Inhalte der Website müssen für Screenreader von blinden Menschen lesbar sein – inklusive einer sinnvollen Überschriftenstruktur und aussagekräftiger Alternativtexte für Bilder.
  • Die Navigation muss auch per Tastatur bedienbar sein, um Menschen mit Bewegungseinschränkungen gerecht zu werden.
  • Die Texte sollten klar, verständlich und logisch aufgebaut sein – idealerweise in einfacher Sprache, um auch Menschen mit Lernschwierigkeiten den Zugang zu erleichtern.

 

Erste Schritte zur barrierefreien Website

Barrierefreiheit ist nicht nur eine technische Pflicht, sondern auch ein Qualitätsmerkmal. Eine barrierefreie Website ist benutzerfreundlicher, erreicht mehr Menschen – auch ohne Einschränkungen – und wird bei Google oft besser gefunden. Mit den folgenden Maßnahmen machen Sie bereits den ersten Schritt in die richtige Richtung:

  • Kontraste prüfen: Hebt sich der Text gut vom Hintergrund ab?
  • Tastaturbedienung testen: Lassen sich alle Buttons und Links ohne Maus (nur mit der Tabulatortaste) ansteuern? Sind die angewählten Flächen gut sichtbar und visuell so hervorgehoben, dass alle Websitenutzer erkennen können, welcher Button oder Link mit der Enter-Taste betätigt wird?
  • Alternativtexte hinterlegen: Sind die Bilder sinnvoll und informativ beschrieben?
  • Audios und Videos mit Untertiteln versehen: Gibt es Transkripte, Untertitel oder Audiodeskriptionen für audiovisuelle Inhalte?
  • Formulare überarbeiten: Sind alle Eingabefelder korrekt beschriftet und gut bedienbar?
  • Einfache Sprache wählen: Verwenden Sie in Ihren Texten kurze Sätze, eine verständliche Sprache und eine logische Struktur?

 

Fazit

Digitale Barrierefreiheit ist weit mehr als eine gesetzliche Pflicht: Sie ist ein Ausdruck von Respekt, Chancengleichheit und sozialer Verantwortung. Wenn Menschen mit Behinderungen an digitalen Angeboten nicht oder nur eingeschränkt teilhaben können, bleibt ihnen ein wichtiger Teil des gesellschaftlichen Lebens verschlossen. Dabei sollte das Internet für alle da sein – unabhängig von Einschränkungen, Alter oder Vorkenntnissen.

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu mehr digitaler Inklusion. Es schafft verbindliche Standards und rückt ein viel zu lange vernachlässigtes Thema in den Vordergrund. Gleichzeitig bietet es Unternehmen die Chance, ihre Angebote zukunftsfähig und nutzerfreundlich zu gestalten – im Sinne aller Menschen. Denn von klaren Strukturen, verständlicher Sprache, flexibler Bedienbarkeit und durchdachter Nutzerführung profitieren letztlich alle. Eine barrierefreie Website ist somit ein Gewinn für uns alle. 

 

Portrait von Emily Miller
Emily Miller
Rechtschreibperfektionistin und leidenschaftliche Content Creatorin mit jahrelanger Erfahrung im Online-Marketing, insbesondere in den Bereichen Social Media und Bloggen: Emily schreibt mit frischem Blick über verschiedenste Themen wie Online-Marketing, Business-Tipps oder alles Wissenswerte rund um das Thema Online-Terminvereinbarung.

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